Digitale Geschäfts- und Dokumenten-Prozesse

Auswirkungen der aktualisierten Fassung der GoBD aus November 2019


Grundsätzliches zur GoBD

Die GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) gelten seit 14.11.2014, offiziell ab 01.01.2015. Die Neufassung ersetzt nach einigen Zwischenversionen die Vorgängerversion vom 14. November 2014 und gilt für Besteuerungszeiträume ab dem 31.12.2019, also praktisch ab 01.01.2020. Die GoBD gelten finanzrechtlich gesehen nicht als Gesetz sondern als Leitfaden bzw. Arbeitsanweisung an die Finanzämter. Die GoBD sind also kein Gesetz, sie sind auch nicht durch das im Grundgesetz festgelegte Gesetzgebungsverfahren gelaufen, also weder dem Bundestag noch dem Bundesrat zur Diskussion oder Verabschiedung vorgelegt worden, noch sind sie vom Bundespräsidenten unterschrieben worden.

 

Für Unternehmen ist es natürlich sinnvoll und angebracht, sich mit den GoBD insgesamt vertraut zu machen und die eigenen finanzrelevanten Prozesse darauf auszurichten. Wer Rechtsstreitigkeiten mit dem Fiskus aus dem Weg gehen möchte, sollte sich aus unserer Sicht unbedingt an die GoBD halten.

 

 

Was ist neu und für Unternehmen wichtig zu wissen?

Es gibt acht interessante Änderungen in der Neufassung:

  • Erfassung mit mobilen Endgeräten
  • Scannen im Ausland
  • Umgang mit Ausgangsrechnungen und AGBs
  • Umgang mit inhaltlich identischen Mehrstücken
  • Ersetzende Konvertierung
  • Nutzung von CLOUD-Anwendungen und -Systemen
  • Verfahrensdokumentation
  •  Z3-Zugriff auf Altdaten nach System-Migration

 

Kurze Erklärungen zu den Änderungen

 

Erfassung mit mobilen Endgeräten

Die bildhafte Erfassung von papierbasierenden Dokumenten mit Mobiltelefonen und PADs ist ab sofort möglich. Das gilt z.B. für das Abfotografieren von Reisekostenabrechnungen, um den Abrechnungsprozess zu beschleunigen. Das ist auch außerhalb von Deutschland GoBD-konform. Auch Großformatdokumente können jetzt so digitalisiert werden. Wichtig ist, dass die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit erfüllt werden und eine Prozessbeschreibung dazu in der Verfahrensdokumentation zwingend vorhanden ist. Außerdem müssen die Fotos nach deren Versendung von den Geräten gelöscht werden. Die Papierdokumente können danach vernichtet oder bei Bedarf dezentral aufbewahrt werden.

 

Scannen im Ausland

Das Digitalisieren (Scannen) im Ausland ist zulässig. Dies war ja grundsätzlich bereits in § 146 Absatz 2a der Abgabenordnung geregelt. Ergänzend ist jetzt in den Randziffern in der GoBD 130/136 auch die bildliche Erfassung mit mobilen Endgeräten als zulässig geregelt. Voraussetzung ist, dass die Verlagerung der elektronischen Digitalisierung durch das zuständige Finanzamt genehmigt wurde.

 

Umgang mit Ausgangsrechnungen und AGBs

Die Randziffer 76 der GoBD regelt die Anforderungen an den Umgang mit Ausgangsrechnungen detailliert. Hier gilt wie bisher die inhaltliche Aufbewahrung (also die Aufbewahrung der Rechnungsdaten anstatt des erstellten Dokumentes) als ausreichend, wenn sichergestellt ist, dass diese Daten unverändert aufbewahrt werden. Es ist nicht notwendig die AGBs separat aufzubewahren, wenn sichergestellt ist welche AGBs für welche Rechnungsdokumente gelten und welche Logos; Geschäftsführerinformationen etc. dann entsprechend zuzuordnen sind. Diese Regelungen gehören grundsätzlich in die Verfahrensdokumentation.

 

Umgang mit inhaltlichen Mehrstücken

Ein „Inhaltliches Mehrstück“ ist ein hybrides Rechnungsdokument und besteht aus dem bildhaften Dokument und einer eingebetteten XML-Datei welche dieselben Dateninhalte bzw. Rechnungsinformationen beinhaltet. Sammelrechnungen oder ein Kontoauszüge die zusätzlich erstellt werden – entweder elektronisch oder auch in Papier - werden in diesem Zusammenhang ebenfalls als inhaltliche identische Mehrstücke betrachtet.

 

Für diesen Fall stellen die GoBD in Randziffer 76 fest, dass hier nur das Format mit den höchsten Auswertungsmöglichkeiten aufbewahrt werden muss. Da die Finanzverwaltung keine konkreten Prüfpflichten bzw. Kontrollmaßnahmen für dieses Verfahren festgelegt hat, ist dem Rechnungssender und dem Rechnungssteller zu empfehlen, eigene Prüfmechanismen zur Sicherstellung der inhaltlichen Identität der beiden Rechnungen einzuführen, z.B. mit einem Dokumenten-Management-System.

 

Ersetzende Konvertierung

Eine Konkretisierung dazu ist in Randziffer 135 zu finden. Hier geht es um die Zulässigkeit von steuerrelevanten Daten und Dokumenten. Bisher mussten dabei Original und Konvertierung aufbewahrt werden, die konvertierte Version war dabei zu kennzeichnen. Dies ist jetzt nicht mehr notwendig, wenn:

  • Keine bildliche oder inhaltliche Änderung erfolgte
  • Keine sonstigen aufbewahrungspflichtigen Informationen verloren gingen
  • Die ordnungsgemäße und verlustfreie Konvertierung dokumentiert wurde, z.B. in der Verfahrensdokumentation
  • Die maschinelle Auswertbarkeit und der Datenzugriff durch die Finanzbehörde nicht eingeschränkt wurden

Beispiele für eine Konvertierung sind:

  • XML-Daten in interne Formate (Bsp. EDIFACT in IDOC)
  • Bilddaten im JPG- oder TIF-Format in PDF-Dokumente
  • Umwandlung von PDF-Dokumenten in PDF/A   (ggf. mit der Ergänzung von Volltextinformationen)
  • Mailformate (MSG, EML) in PDF- oder PDF/A
  • Office-Formate in PDF
  • Umwandlung von Formaten im Rahmen des elektronischen Rechnungsaustausches

Nutzung von CLOUD-Anwendungen und -Systemen

Für Unternehmen, die ihre Business-Daten zentral in der Cloud halten wollen, ist jetzt eindeutig klar, dass der Fiskus mit gescannten Belegen zufrieden ist und kein Ärger vom Betriebsprüfer droht, wenn keine Papierbelege mehr vorgelegt werden können. Es wird also kein Unterschied mehr gemacht, ob eine steuerrelevante Anwendung intern oder in der Cloud betrieben wird.

 

Verfahrensdokumentation

In der Randziffer 154 ist eine Konkretisierung zum Themenbereich Verfahrensdokumentationen erfolgt. Es wird noch einmal explizit festgestellt, dass eine Verfahrensdokumentation vom Fiskus gefordert und Änderungen in der Verfahrensdokumentation historisch nachvollziehbar sein müssen. Immer nur die aktuelle Version vorzuhalten, ist jetzt nicht mehr ausreichend. Alte Versionsstände (Bsp. mit alten Prozessbeschreibungen, vorherigen Arbeitsanweisungen, alte Übersichten über IT- Komponenten) müssen während der Aufbewahrungsfrist von steuerrelevanten Daten und Dokumenten ebenfalls aufbewahrt und somit bei Bedarf auch zur Verfügung gestellt werden.

 

Die einfachste Variante ist hier sicher die Ablage im Dateisystem mit entsprechender Versionierung und passendem Ausdruck. Da aber auch für die Verfahrensdokumentation die Grundsätze für Nachvollziehbarkeit und Unveränderbarkeit gelten, kann die Pflege der Inhalte in einem Dokumenten- Management System sinnvoller sein.

 

Neben den Basisdokumenten einer Verfahrensdokumentation (allgemeine Beschreibung, Anwenderdokumentation, technische Systemdokumentation Betriebsdokumentation) sind auch Anlagen, wie Testdokumentation, Organisationshandbücher oder IT-Übersichten Bestandteil einer Verfahrensdokumentation. Für diese Dokumente erfolgt eine Pflege oft durch unterschiedliche Stellen, so dass hier der Hinweis auf nachvollziehbare Versionierung von besonderer Bedeutung ist.

 

Gerade wenn diese Anlagen nicht direkt durch die Verantwortlichen der Verfahrensdokumentation gepflegt werden, muss hier zentral auf eine saubere Versionierung geachtet werden.

 

Z3-Zugriff auf Altdaten nach System-Migration

Wie in der Ursprungsversion der GoBD sind 3 Zugriffsmöglichkeiten für den Steuerprüfer beschrieben, nach denen er auf die Daten und Dokumente des zu prüfenden Unternehmens zugreifen darf:

 

  • Z1: Unmittelbarer Zugriff - Beinhaltet den Nur-Lesezugriff des Steuerprüfers auf im Unternehmen relevanten Datenverarbeitungssysteme
  • Z2: Mittelbarer Zugriff - Steuerlich relevante Daten müssen entsprechend den Vorgaben des Prüfers vom Unternehmen oder einem beauftragten Dritten maschinell ausgewertet werden, um anschließend einen Nur-Lesezugriff durchführen zu können.
  • Z3: Datenträgerüberlassung - Der Finanzbehörde sind mit den gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen alle zur Auswertung der Daten notwendigen Informationen (z. B. über die Dateistruktur, die Datenfelder sowie interne und externe Verknüpfungen) in maschinell auswertbarer Form zur Verfügung zu stellen.

Die Randziffer 142 fordert hier unverändert zur bisherigen GoBD, dass Daten und Dokumente nach einem Systemwechsel auch im Ursprungssystem aufbewahrt werden müssen, wenn dieses nicht die gleichen quantitativen und qualitativen Auswertungsmöglichkeiten besitzt, wie das neue System. Bisher war, da letztendlich alle Anwendungen immer etwas unterschiedlich sind, hier die Unsicherheit vorhanden, ob man das Altsystem nach einer Migration nun wirklich abschalten darf.

 

In Randziffer 164 wird jetzt eine Erleichterung eingeführt. Ab dem 6. Jahr nach einer solchen Migration ist der Z3-Zugriff auf diese Daten ausreichend. Das Altsystem muss somit in diesem Fall nicht mehr für den Z1-Zugriff verfügbar gehalten werden und die Bereitstellung der Daten ist ausreichend. Unbenommen gelten aber weiterhin die steuerlichen Aufbewahrungsfristen für Dokumente und Daten.

 

Welche GoBD-Anforderungen müssen Sie in Ihrem Unternehmen noch erfüllen?

Ob Industrieunternehmen, öffentliche Einrichtungen, KMUs oder sonstige Organisationen, im oder über das Netzwerk des VOI finden Sie einen passenden Partner - Sprechen Sie uns an!



Wilhelm Flintrop
1st.-consulting UG
stellv. Vorstadsvorsitzender des VOI

 

VOI Certified Expert (VCE)
Process Management & Documentation
Zertifikat Nummer: Z230305

 

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